Bingo, Selbstversuche und verbale Attacken
Zum zweiten Mal fand das Selbsthilfegruppen-Seminar für lip- und lymphödemerkrankte Menschen, durchgeführt von Ofa, statt. Als Tagungsort entschied man sich dieses Mal für die Mitte Deutschlands – rund 40 Teilnehmende durfte der Hilfsmittelhersteller aus Bamberg in Kassel begrüßen.
An zwei Tagen fand das zweite Seminar von Ofa für Betroffene statt. Zur Veranstaltung reisten Leiter und Mitglieder verschiedenster Lip- und Lymphselbsthilfegruppen aus ganz Deutschland an. Nach der Begrüßung und einer virtuellen Betriebsbesichtigung durch Gastgeberin Michaela Lundius (Leiterin der Ofa Akademie) stand vor allem das gegenseitige Kennenlernen im Vordergrund. Die Teilnehmenden teilten sich in kleine Gruppen auf und stellten sich vor. Bei den Erwartungen an die Veranstaltung waren sich alle einig: Sie nahmen teil, um den Austausch untereinander zu fördern, sich zu vernetzen und neue Impulse für die eigene Selbsthilfegruppe mitzunehmen.
Anschließend referierte Andrea Barth, Diplom-Oecothrophologin aus Esslingen, über die Ernährung bei Lipödem. Den Vortrag gestaltete die Schwäbin kurzweilig – vor allem mit verschiedenen Geschmacks- und Geruchstests entlockte sie den Teilnehmenden einige Lacher. „Was viele vergessen: Das Auge isst mit. Soll heißen, unser Verdauungssystem beginnt schon beim Auge, nicht erst mit dem Mund“, erklärte Barth und zeigte parallel ein Bild von aufgeschnittenen Zitronen.
„Schwingen statt Springen“ hieß es anschließend bei Jonas Beuke, Physiotherapeut und Gesundheitsmanager bei Bellicon. Er stellte den Teilnehmenden ein Trampolin vor, das sich aufgrund seiner Konstruktion besonders für Lipödem-Patienten eignet. „Schon ein paar Minuten am Tag auf dem Bellicon sorgen für mehr Wohlbefinden, denn so wird gelenkschonend trainiert, Koordination und Ausdauer verbessert und der Lymphfluss angeregt“, zählte der Gesundheitsmanager die Vorteile eines Bellicons auf.
Auch Martina Heldt, Heilpraktikerin für Psychotherapie und Yogalehrerin, brachte den Teilnehmenden Bewegung durch Yoga näher. Zunächst räumte sie mit den weitverbreiteten Klischees von Yoga auf und stellte ihre persönliche Philosophie von Yoga vor: „Yoga kann man überall machen – sogar auf einem Stuhl im Büro.“ Dazu zählt sie beispielsweise auch Atemübungen, die nicht nur Stress reduzieren, sondern durch die Sogwirkung auch das Lymphsystem anregen.
Anschließend wurden die Teilnehmenden in verschiedenen Bewegungs-Workshops aktiv: Sie konnten sich zwischen Entstauungsgymnastik im Freien mit Katja Wagner, Leitung der Selbsthilfegruppe LiLy Turtles, einem Schnupperkurs auf dem Bellicon mit Jonas Beuke oder Stuhlyoga mit Martina Heldt entscheiden.
Lymph-Bingo sorgt für Lacher
Der zweite Tag startete mit dem „Circle of Influence – was und wie ich es beeinflussen kann“, den Michaela Lundius vorstellte. Der Workshop sollte den Teilnehmenden aufzeigen, wie man Ängsten und Zweifeln mit konkreten Lösungen begegnet. Lundius‘ Tipps: „Love it – akzeptiere die Situation, wie sie ist. Wenn du das nicht kannst, dann ‚change it‘ – verändere sie zu deinen Bedingungen. Und wenn das auch nicht funktioniert, dann hast du noch die Option, die Situation zu verlassen, mit ‚leave it‘.“Um die Teilnehmenden anschließend über die verschiedenen Flachstrick-Zusätze zu informieren und deren Funktionen aufzuzeigen, wählte die Gastgeberin ein Bingo-Spiel, das für viele Lacher und eine lockere Stimmung sorgte.
Danach nutzte Beate Wenzel-Leisgang von der Firma FMT die Aufmerksamkeit der Anwesenden, um ihnen die intermittierende Kompression als Unterstützung der KPE vorzustellen. Schon während der Veranstaltung und in den Pausen konnten die Teilnehmenden das HydroPress-Gerät testen. Die Empfehlung der Geschäftsleiterin: „Mit dem Gerät entsteht ein Wechseldruck von bis zu 80 mmHG. So wird die Gewebeflüssigkeit in proximaler Richtung abtransportiert und das Ödem reduziert.“
Abschließend kam die große Stunde von Isabel Garcia: Seit Jahren ist sie nun fester Bestandteil der Ofa-Veranstaltungen. Und auch dieses Mal wusste es die Halbspanierin, wie sie die Teilnehmenden in ihren Bann ziehen konnte. Mit ihrer Bühnenpräsenz, ihrer offenen und ehrlichen Art und ihren persönlichen Erfahrungen konnte sie zahlreiche Tipps vermitteln, wie man mit verbalen Attacken umgehen kann. Einer davon: mit sich selbst umgehen wie mit der besten Freundin. „Wenn deine beste Freundin zehn Tafeln Schokolade isst, dann würdest du sie ja auch nicht beschimpfen oder sie auslachen oder Schlimmeres. Sondern du würdest sie fragen, warum sie das gemacht hat. Du wärst geduldig mit ihr – und so müssen wir uns auch behandeln.“