Ärztlicher Kreisverband Bamberg veranstaltet eintägiges Seminar.
Eine vielfältige Agenda erwartete die Teilnehmer am 14. März beim Bamberger Seminar für Orthopädie und Unfallchirurgie. Neben aktuellen Einblicken in die Schulter-, Knie- und Handchirurgie waren auch die Herausforderungen bei der Erstellung medizinischer Gutachten Thema der Tagung. Dabei entstand ein reger fachlicher Austausch zwischen den vier Referenten und den über 50 Ärztinnen und Ärzten im Publikum.
Dr. med. Michael Ulmer, Leiter der Sportorthopädie am Klinikum Esslingen, gab einen aktuellen Überblick über die Behandlung von Schulterinstabilitäten. Hier betonte er die Bedeutung einer eingehenden Ursachenanalyse. Neben klinischen Tests sei es wichtig, den Patienten genau zuzuhören. So spielten Alter, Geschlecht und Aktivitätsniveau, aber auch Vorschäden und Begleitpathologien eine entscheidende Rolle bei der Wahl der richtigen Therapie. Je jünger und aktiver ein Patient, desto wahrscheinlicher sind Reluxationen und Dr. Ulmer rät zu einer operativen Stabilisierung. Um Begleitverletzungen zu erkennen empfiehlt der Sportarzt: "Operiere keinen einzigen Patienten ohne MRT!" Die bildgebende Untersuchung gehöre zu einer vollständigen Diagnostik dazu und sollte möglichst zeitnah nach einer Verletzung erfolgen. Nur so könne man Bursitiden, Mikroinstabilitäten, Rupturen der Rotatorenmanschette oder die Ganglien erkennen und adäquat mit behandeln.
PD Dr. med. Sven Scheffler vom Sporthopaedicum Berlin verglich in seinem Beitrag konservative und operative Versorgungsstrategien bei patellofemoraler Instabilität. Er gab zu bedenken, dass Erstluxationen der Patella in 95 Prozent der Fälle Patienten unter 30 Jahren betreffen, die häufig sportlich aktiv sind und noch lange mit den Folgen leben müssen. Nach Erstluxation kann oft durch gezielte konservative Verfahren, etwa eine umgehende Versorgung mit patellazentrierenden Orthesen, die Reluxationsrate erheblich gesenkt werden. Liegt allerdings eine Vielzahl von Risikofaktoren vor, die eine Instabilität begünstigen, ist laut PD Dr. Scheffler eine operative Versorgung mit heutigen Verfahren vorzuziehen. Auch bei einer habituellen Patellaluxation rät der Kniespezialist klar zur Operation, da das Risiko für Arthrose und Knorpelschäden mit jeder Reluxation zunehme. Das einzig richtige Verfahren gäbe es dabei nicht, sondern man müsse die Behandlung im Sinne einer "à la carte Chirurgie" individuell auf den Patienten abstimmen.
Aus seiner Erfahrung als orthopädisch-unfallchirurgischer Gutachter bei chronischen Schmerzen berichtete Dr. med. Stefan Middeldorf, Chefarzt der Orthopädischen Klinik an der Schön Klinik Bad Staffelstein. Ausgehend von der Frage der Objektivierbarkeit erläuterte er, dass Schmerzen trotz moderner bildgebender Verfahren nicht sicher zu detektieren seien. Das Schmerzempfinden bestehe eben nicht nur aus einer sensorischen Komponente, es beinhalte auch kognitiv-bewertende affektive Aspekte. Diese Bewertung ist nicht nur abhängig vom Schmerzreiz, so der Mediziner, sondern unterliegt komplexen Einflüssen aus der gesamten psycho-physischen Entwicklung, auch im Sinne von Lernprozessen. Abzugrenzen sind außerdem symptomverstärkende Darstellungsformen wie Simulation und Aggravation. Daher müsse die Anamneseerhebung bei chronifizierten, nicht monokausalen Schmerzen deutlich detaillierter erfolgen. Den Einzelfall im Blick sollte die Begutachtung stets die gesamte biografische Anamnese einbeziehen, rät Dr. Middeldorf.
Als vierter Referent des Tages stellte Dr. med. Ulrich Frank, Chefarzt der Hand- und Ellenbogenchirurgie der Augsburger Hessingpark-Clinic, aktuelle Themen seines Faches vor. Bei Arthrose des Daumensattelgelenks gäbe es nicht "eine Lösung für alle", so der Handspezialist. Nach Ausschöpfen konservativer Therapiemöglichkeiten empfiehlt er in Stadium I ein arthroskopisches Debridement und Kapsel-Shrinking. In Stadium II sei die arthroskopische Trapeziektomie mit Tight Rope eine Alternative zur Prothese. Bei weiter fortgeschrittener Rhizarthrose rät Dr. Frank zur Resektionsarthroplastik nach Lundborg. Im Falle von Fingergelenkarthrose mit radiologischem Befund, Bewegungseinschränkung und Schmerz sei die Implantation einer Pyrocarbon-Prothese die Methode der Wahl. Die Ergebnisse würden umso besser, je stabiler das Gelenk durch die Bänder geführt wird. Die Implantation einer Prothese sei zwar technisch schwierig und mit höheren Kosten verbunden als eine Arthrodese, jedoch bringt eine Gelenkversteifung starke Funktionseinschränkungen mit sich.
So war das halbjährlich stattfindende Seminar auch in diesem Frühjahr wieder eine gute Möglichkeit zur fachlichen Weiterbildung, die von der Akademie für Fortbildung der Bayerischen Landesärztekammer anerkannt und zertifiziert wird. Neben den vielfältigen Vortragsthemen bot das Rahmenprogramm die Möglichkeit zum Austausch in ungezwungener Atmosphäre. Die Organisation des Seminars hatte der Ärztliche Kreisverband an den Sponsor Ofa Bamberg übertragen. Die nächste Veranstaltung findet am 10. Oktober 2015 statt.