Interdisziplinäres Lymphsymposium von Ofa Bamberg bietet Plattform für alle Beteiligten der Ödemtherapie
Das zweite Interdisziplinäre Lymphsymposium lockte wieder zahlreiche Gäste nach Bamberg. An zwei Tagen trafen Phlebologen, Lymphologen, Orthopädietechnikmeister, Sanitätshaus-Mitarbeiter und Physiotherapeuten aufeinander, führten Gespräche auf Augenhöhe und gaben interessante Einblicke in ihren Arbeitsalltag.
Über 100 Fachvertreter nahmen Ende Oktober an der Veranstaltung in Bamberg teil und folgten den insgesamt elf Vorträgen, um die Perspektive der anderen Beteiligten kennenzulernen und fachlich hochqualifizierten Austausch zu pflegen.
Der Frage, wie sich die Lebensqualität für Ödempatienten steigern lässt, ging Prof. Dr. Constance Daubert nach. Dazu bedürfe es einerseits konsequenter Entstauung und begleitender psychologischer Betreuung, andererseits Gewichtsreduktion, Sport und Hilfe zur Selbsthilfe. Dabei bezog sie sich auf eine Online-Studie, die die SRH Hochschule für Gesundheit in Kooperation mit dem Bundesverband der Lymphselbsthilfe unter Lymph- und Lipödem- sowie Adipositaspatienten durchgeführt hat. Behandlungsziele müssen vor allem die Etablierung der Entstauung und die Hilfe zur Selbsthilfe sein.
Aus der Perspektive der Betroffenen sprach Susanne Helmbrecht, Vorsitzende des Bundesverbands der Lymphselbsthilfe e. V. Sie erläuterte, wie die Patienten durch Aufklärung, Empowerment und Selbstmanagement zum Experten für ihre Krankheit werden können. Eine Lebensstiländerung beim Patienten lasse sich unter anderem durch motivierende Gesprächsführung erreichen – anstatt die Defizite herauszustellen, sollten Ärzte und Therapeuten vor allem die individuellen Stärken der Patienten fördern. Mit den aufbauenden Worten „Es ist nie zu spät und ein Anfang lohnt sich immer“ macht Susanne Helmbrecht Betroffenen Mut.
Mut machen will auch eine Initiative von Ofa Bamberg, die Pia Bohlender und Cornelia Panten aus dem Marketing vorstellten: Mit dem Hashtag #LipödemMutmacher vernetzen sich auf der Social-Media-Plattform Instagram seit 2018 viele Lipödempatientinnen, die ihr Leben mit der Erkrankung meistern. Sie sind Vorbild für andere Betroffene. Der Vortrag diente gleichzeitig als Einladung für die Mitglieder der Versorgungskette, sich an der Initiative zu beteiligen und aus dem Sanitätshausalltag zu berichten.
Hans Pritschow, Fachlehrer für Manuelle Lymphdrainage und Inhaber einer Lymphologisch-physiotherapeutischen Schwerpunktpraxis, steht nach eigenen Angaben „seit 1977 aufs Lymphödem“. In seinem Vortrag stellte er dar, warum der Physiotherapie enorme Bedeutung zukommt: „So viel Zeit mit dem Patienten wie wir hat sonst kein anderer Berufsstand.“ Um den Patienten die bestmögliche Therapie zu bieten, bedarf es Absprachen zwischen den Akteuren – ganz nach dem Motto „miteinander statt gegeneinander“. Hierbei stehe vor allem die ödemspezifische Behandlung im Vordergrund.
Entgegen der immer noch vorherrschenden Meinung, Ernährung habe keinen Einfluss auf Lipödemerkrankungen, setzt Dr. med. Gabriele Faerber bei ihren Patienten auf eine ketogene Ernährung aus kohlehydratarmer Nahrung, optimierter Proteinzufuhr und gesunden Fetten. Wie sie in ihrem Vortrag erläuterte, führe diese Umstellung in den 83% aller Fälle auf eine Besserung der Beschwerden.
Welche gesetzlichen Grundlagen es bei der Verordnung medizinischer Kompressionsstrümpfe zu beachten gilt, erklärte Ralph Martig, Bereichsleiter Lymphologie im Sanitätshaus Schaub. Für eine optimal angepasste lymphologische Bestrumpfung brauche es vor allem eine genaue Planung. Dabei müssten verschiedene Vorgaben und Richtlinien beachtet werden, u.a. die Hilfsmittelrichtlinie oder Beitrittsverträge mit Krankenkassen.
Dr. Katrin Seidenstücker, Expertin auf dem Gebiet der rekonstruktiven Lymphchirurgie, ging in ihrem Vortrag auf verschiedene operative Möglichkeiten beim chronischen Lymphödem ein, mit denen Betroffene ein Stück Lebensqualität zurückerhalten können.
Mit den Worten „Nur Mut“ beendete Sandra Völler, Sanitätshausinhaberin und Mitglied im Lymphnetz Osnabrück e. V., ihren Vortrag zur Netzwerkarbeit. Ziehen alle Fachgruppen an einem Strang, profitieren letztlich alle davon: Sanitätshaus, Ärzte, Therapeuten, vor allem aber die Patienten. Sie genießen im Netzwerk optimale Therapiebedingungen und sollen stets im Mittelpunkt stehen. Ziel dabei ist es, die Patienten durch eine gute Versorgung und Aufklärung zu motivieren, die Therapie konsequent zu verfolgen.
Bevor es jedoch an eine Netzwerkgründung geht, müssen wichtige Fragen geklärt sein – z. B. Gesellschaftsform oder wichtige Qualitätskriterien, die für alle Mitglieder bindend sind. Auch die Haftung im Netzwerk müsse bedacht werden, so Thorsten Müller, Pflegesachverständiger, der im letzten Vortrag die rechtlichen Aspekte bei der Gründung von Lymphnetzwerken unter die Lupe nahm.
In einer abschließenden Podiumsdiskussion hatten die Teilnehmer ausreichend Gelegenheit, Fragen an die Referenten zu stellen. Einhellige Meinung unter allen Referenten: Wenn alle Akteure einander und den Patienten die nötige Wertschätzung entgegenbringen und auf Augenhöhe miteinander kommunizieren, lassen sich die Therapiebedingungen und -ergebnisse für die Patienten optimieren. Denn Ödemtherapie bedeutet immer auch, dass verschiedene Therapiebausteine wie Zahnräder ineinandergreifen.
Pressemitteilung zum Download:
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