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„Lernen, die Patienten zu Spezialisten auszubilden“

27. September 2018

Erstes Interdisziplinäres Lymphsymposium von Ofa Bamberg bietet optimale Plattform für alle Beteiligten der Versorgungskette

Phlebologen, Lymphologen, Orthopädietechnikmeister, Sanitätshaus-Mitarbeiter, Physiotherapeuten und Selbsthilfegruppen-Leiterinnen trafen sich in Bamberg, um an zwei Tagen den fachübergreifenden Austausch zu leben und spannenden Vorträgen zu folgen. Zwischen den einzelnen Präsentationen blieb ausreichend Zeit, Diskussionen zu führen  – immer mit dem Ziel, sich zu vernetzen und Erfahrungen auszutauschen, um so den Patienten die bestmögliche Therapie zu ermöglichen.

Mit über 100 Teilnehmern war die Veranstaltung bis auf den letzten Platz gefüllt.
Mit über 100 Teilnehmern war die Veranstaltung bis auf den letzten Platz gefüllt.

Über 100 Besucher kamen Mitte September nach Bamberg ins Residenzschloss, um am interdisziplinären Lymphsymposium teilzunehmen. Alexander Schmitt, Geschäftsbereichsleiter Phlebologie und Orthopädie bei Ofa Bamberg, begrüßte das Auditorium mit einem Kurzvortrag über die gastgebende Firma, ehe er im Anschluss auf die Geschichte und die Pioniere der Lymphologie einging, um die Brücke zum heutigen Stand der Forschung zu schlagen. Damit alle einen möglichst gleichen Wissenstand haben, sei es wichtig, solche Veranstaltungen zu organisieren. Denn erst durch ein funktionierendes Netz aller Beteiligten sei man in der Lage, dem Patienten bestmöglich zu helfen, so Schmitt.

„Durch die neuen Leitlinien in der Lymphologie zu einem besseren Therapieerfolg“ war somit ein treffender Eröffnungsvortrag von Dr. med. Anya Miller, seit 2016 Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Lymphologie, um in die Veranstaltung thematisch einzusteigen. In ihrer 45-minütigen Präsentation ging die niedergelassene Dermatologin auf die 2017 umgesetzten Aktualisierungen und Änderungen der S2K-Leitlinie ein, die die Grundlage der lymphologischen Versorgung und Therapie bildet. Zentraler Punkt: Die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie wurde um die Bausteine Selbstmanagement und Aufklärung des Patienten erweitert. Als mündige Person sollte er wissen, was ihn erwartet, was er einfordern kann und wie er, beispielsweise im Urlaub, seine Therapie zu organisieren hat: „Wir müssen lernen, die Patienten zu Spezialisten auszubilden“. Dabei sieht Miller Organisationen wie Selbsthilfegruppen als wichtige Multiplikatoren und Unterstützer. Außerdem wies sie darauf hin, die Psyche der Patienten nicht außer Acht zu lassen und das in die Therapie miteinzubeziehen.

Dr. med. Anya Miller, Vorsitzende der DGL
Dr. med. Anya Miller, Vorsitzende der DGL

 

Aus ihrer langjährigen Tätigkeit als niedergelassene Phlebologin und Lymphologin weiß Dr. med. Ingelore Warsow bestens, welche Herausforderungen der Praxisalltag mit sich bringt. In ihrem Vortrag beleuchtete sie „typische Probleme in der niedergelassenen Praxis bei der Versorgung von Lymph- und Lipödempatienten“. Auch sie betonte, wie wichtig die Patientenaufklärung sei: „Man muss einem Patienten, der keine sechs Jahre Studium und sechs Jahre Facharztausbildung hat, einfach und mit Alltagsbildern beschreiben, was los ist“. Diese Aufklärung gehe über das Arztgespräch hinaus und müsse auch im Sanitätshaus stattfinden. Bei der Abgabe der flachgestrickten Kompressionsstrümpfe gehöre z. B. eine Anprobe zum Pflichtprogramm: „Das ist doch selbstverständlich, wie kaufen Sie denn Ihre Schuhe?!“

„Jeder gegen jeden“ – mit diesen Worten beschrieb Tina Clausen die Situation unter den Ärzten, Therapeuten und Sanitätshäusern in Hamburg, bevor es das dortige Lymphnetz als eingetragenen Verein gab. In ihrem Vortrag „Erfahrungen aus dem Lymphnetz Hamburg“ ging sie auf die Hürden und Möglichkeiten der fachübergreifenden Zusammenarbeit ein. Für Tina Clausen und ihre Mitstreiter hat sich der Schritt gelohnt: „Heute arbeiten im Lymphnetz Hamburg acht Arztpraxen, elf Lymphtherapeuten, sechs Sanitätshäuser, vier Selbsthilfegruppen sowie einige weitere Partner Hand in Hand“.

Aus der Sicht einer Selbsthilfegruppe berichtete Dr. Brigitta Kauers in ihrem Vortrag „Erfahrungen als Betroffene und die Selbsthilfegruppe als Motivator zum Selbstmanagement“. Für sie bedeutet Selbstmanagement, zum Experten in eigener Sache zu werden und sich mit der Diagnose auseinanderzusetzen sowie die lebenslange Behandlung selbstständig anzunehmen. Dabei stellte sie klar: „Die Verantwortung liegt beim Betroffenen.“

Sandra Völler weiß als Sanitätshausinhaberin bestens, welche Stolpersteine die Versorgung von Lymphpatienten mit sich bringt.
Sandra Völler weiß als Sanitätshausinhaberin bestens, welche Stolpersteine die Versorgung von Lymphpatienten mit sich bringt.

Den Abschluss des ersten Veranstaltungstages bildete der Vortrag von Prof. Dr. Wilfried Schmeller. Mit den Worten „Heute outet man sich“ leitet er seinen Vortrag „Lipödem – es bleibt spannend“ ein und fasste damit die Entwicklung zusammen, dass immer mehr Frauen den Mut finden, offen mit ihrer Krankheit umzugehen. „Das wäre vor 20 Jahren nicht denkbar gewesen“, resümiert der Chefarzt der Hanseklinik in Lübeck. Dennoch sei das Lipödem noch immer ein Krankheitsbild, das viele Unsicherheiten und Rätsel mit sich bringt.

 

Individuelle Maßarbeit steigert die Therapietreue

Mit einer Betriebsbesichtigung am Firmensitz von Ofa Bamberg startete der zweite Veranstaltungstag. Dabei konnten die Teilnehmer hautnah erleben, wie flachgestrickte medizinische Kompressionsstrümpfe gefertigt werden und wieviel Handarbeit selbst heutzutage noch in diesen Maßprodukten steckt.

Sandra Völler, Orthopädietechnikmeisterin und Sanitätshausinhaberin, beleuchtete in ihrem Vortrag die „Stolpersteine in der lymphologischen Versorgung aus Sicht des Sanitätshauses“. Wie sie aus ihrer Erfahrung weiß, seien die Patienten oft schlecht informiert und wissen nicht, wie sie durch eigene Aktivität die Therapie unterstützen können. Die Therapie könne darüber hinaus nur erfolgreich sein, wenn alle Beteiligten zusammenarbeiten: „Die besten Strümpfe, die beste Lymphdrainage allein hilft nichts – Hand in Hand arbeiten hilft dem Patienten am besten“. Auch sie ist in einem Lymphnetzwerk organisiert und beobachtet darin „eine massive Qualitätssteigerung in der Therapie und weniger Therapieabbrüche“.

Zum Abschluss verdeutlichte Michaela Lundius, regionale Verkaufsleiterin und Ofa Lymphexpertin, in ihrem Vortrag „Die richtige Kompressionsversorgung in der Ödemtherapie“, warum Flachstrick für Lymph- und Lipödempatienten die richtige Wahl ist. Mit passenden Ausführungen und Zusätzen lassen sich nicht nur schwierige anatomische Verhältnisse gut versorgen. Je besser die Kompressionsversorgung auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten abgestimmt ist, desto mehr wird sich auch dessen Therapietreue steigern.

Am Ende waren sich Organisatoren, Referenten und Teilnehmer einig: Veranstaltungen wie das Interdisziplinäre Lymphsymposium sind eine tolle Gelegenheit, um alle Akteure der Versorgungskette an einen Tisch zu bringen und den fachübergreifenden Austausch zu fördern. Die Nachfrage war groß, sodass die Veranstaltung bis auf den letzten Platz gefüllt war. Deshalb soll das Interdisziplinäre Lymphsymposium im nächsten Jahr wiederholt werden. Es findet am 24. und 25. Oktober 2019 in Bamberg statt. Infos zu Programm und Anmeldung werden rechtzeitig bekanntgegeben.