„Lipödem wird immer Teil meines Lebens sein“

Lipödempatientin Anna berichtet von ihrer Liposuktion und was sich für sie seitdem verändert hat.

Dass sie krank sein könnte, wollte sich Anna anfangs noch nicht eingestehen. Viel zu oft musste sie sich sagen lassen: „Du bist selbst daran schuld, dass du dick bist.“ Bis sie es selbst geglaubt hat. Erst, als eine andere Betroffene sie auf das Lipödem angesprochen hat, hat Anna erstmals die Gedanken über die Krankheit zugelassen. Den Gang zu einer Fachärztin scheute sie dennoch. Nach einer schlimmen Nacht, in der sie vor Schmerzen kaum schlafen konnte, war es ihr Mann, der ihr die Entscheidung abnahm und beschlossen hat: „Wir gehen da hin!“ Auch bei späteren Entscheidungen stand er ihr immer zur Seite und gab ihr das Gefühl, wertvoll zu sein: „Er hat mich nie auf meinen Körper beschränkt, sondern immer nur mich gesehen.“ Heute ist Anna froh, diese Unterstützung gehabt zu haben. Deshalb ist es ihr auch so wichtig, ihre Erfahrungen mit anderen zu teilen.

Seit 2008 lebt sie nun mit der Diagnose Lipödem. Nach der ersten kurzen Erleichterung, nicht selbst für ihre Krankheit verantwortlich zu sein, bekam sie schreckliche Wut. Wut auf ihren Körper, weil sie ihr Selbstwertgefühl viel zu lange daran festgemacht hatte.

 

Ich baute mir ein Schutzschild auf, das mich vor Beleidigungen und Verletzungen schützte.

Um den Umgang mit ihrer Krankheit zu lernen, ging sie zuerst zur Reha in eine Lymphklinik, wo sie an die konservative Therapie herangeführt wurde. Trotzdem war es für sie danach nicht so leicht, Verordnungen für Manuelle Lymphdrainage und Kompressionsstrümpfe zu erhalten. Ihre flachgestrickte Kompression musste sie teilweise sogar nachts tragen, um die Schmerzen ertragen zu können. Trotz viel Bewegung und Sport wie Fitnessstudio oder Ballett verschlechterte sich ihr Zustand. Ihre Beschwerden wurden schlimmer, sodass Privatleben und Job stark darunter leiden mussten: „Ich arbeitete in einer Kinderkrippe, wo man ständig auf dem Boden sitzen und wieder aufstehen muss. Das strengte mich extrem an. Jede Berührung der Kinder schmerzte.“ Zu den Lipödemschmerzen kamen weitere Probleme hinzu – Hüft-, Knie- und Gelenkschmerzen, Bluthochdruck, von den seelischen Belastungen ganz zu schweigen. In Anna reifte der Entschluss, etwas zu ändern, sie wollte wieder zuversichtlich in die Zukunft sehen, ihren Leidenschaften wie Reisen oder Sport nachgehen, ohne unter Schmerzen und Belastungen zu leiden.

 

Noch immer sind manche Dinge besonders für mich: Jeder Luftzug auf meiner Haut, den ich jetzt spüren kann, jede Berührung, die nicht mehr schmerzt.

Einen gesunden Körper zu haben, ist ein Geschenk

Immer öfter dachte sie über eine Liposuktion nach, führte Gespräche mit einem Facharzt und setzte sich mit den verschiedenen OP-Methoden auseinander. Schließlich entschied sie sich für eine wasserstrahlgestützte Liposuktionsmethode. Wenige Monate später hatte sie ihre erste OP. Mit der Liposuktion verlor sie nicht nur Lipödemfett, sondern auch einen Großteil der Beschwerden. Endlich konnte sie sich wieder frei bewegen, ohne unter den starken Schmerzen zu leiden, Sport treiben oder anziehen, was sie möchte. Seither hat sich für Anna viel verändert: „Ich habe erkannt, dass die Krankheit mehr beeinflusst hat, als nur meinen Körper. Von den körperlichen Veränderungen abgesehen, habe ich erst zu mir finden können und tue es noch immer! Nachdem ich das Lipödem los war, konnte ich erst mich sehen.“

Mit dieser Veränderung zurechtzukommen, war keine leichte Aufgabe. Anna musste erst lernen, ihrem Körper wieder zu vertrauen. Ihre neugewonnene Freiheit ist für sie nicht selbstverständlich: „Noch immer sind manche Dinge besonders für mich, ich liebe es spazieren zu gehen, denn das konnte ich am Ende vielleicht noch für 20 Minuten ohne Schmerzen. Jeder Luftzug auf meiner Haut, den ich jetzt spüren kann, jede Berührung, die nicht mehr schmerzt. Einen gesunden Körper zu haben ist ein so unglaubliches Geschenk. Ich bin so unendlich dankbar.“

Heute will Anna mit ihrer Geschichte nicht nur anderen Betroffenen Mut machen. Sie wünscht sich, „dass auch die seelischen Belastungen und Auswirkungen dieser Krankheit ernster genommen werden und gegebenenfalls auch mitbehandelt werden“.

Ein echter #LipödemMutmacher

In Annas Instragram-Posts spielt Achtsamkeit, Selbstliebe und Lebensfreude eine wichtige Rolle. Ihr Körper ist vom Lipödem geheilt, aber die Krankheit ist immer noch Teil ihres Lebens. Deshalb unterstützt Anna mit ihren Beiträgen die Initiative #LipödemMutmacher. Dort berichtet sie über die kleinen Dinge im Leben, für die es sich zu kämpfen lohnt, über Freundschaft, Liebe und der Weg zu sich selbst.

Die Initiative #LipödemMutmacher richtet sich an Frauen, die von ihren täglichen Herausforderungen mit Lipödem berichten. Durch das Einsammeln von Posts verschiedener Lipödem-Betroffenen entsteht so eine Informationsplattform, die in dieser Form einzigartig ist.

Zur Initiative